Samstag, 17. Oktober 2015

Tschaikowski Cellomusik

Cellomusik von Tschaikowski

Jeder Cellist spielt die Rokoko-Variationen von Tschaikowski, hier in einer Aufnahme mit Rostropowitsch:

Tschaikowski hatte sie dem befreundeten Cellisten Wilhelm Fitzenhagen gewidmet, der sie 1877 uraufführte, vorher aber ihre Reihenfolge änderte und eine Variation sogar ganz verwarf. Fitzenhagen war selbst Komponist, Tschaikowski akzeptierte nach anfänglichem Protest seine Fassung, die bis heute gespielt wird. Einzelne Sätze sind traumhaft schön und eignen sich für Adaptionen:




 Die Rokoko-Variationen mit ihren typischen, dem Rokoko nachempfundenen Verzierungen und Spielereien tragen ihren Namen aus wichtigem Grund: Sie sind eine künstlerische Reminiszenz von Tschaikowski an den Rokoko, den man heute etwa in die Jahre 1700 bis 1720 einordnet und der dem Spätbarock gefolgt war. Für Tschaikowski, der viele Lebenskrisen durchlitt, war das eine Zeit, die der Verklärung in Form von Cellomusik würdig schien.

Rokoko-Variationen als virtuose Cellomusik


Die Rokoko-Variationen sind teilweise so irrsinnig schwer, dass sie manch einen Cellisten zu einem verbitterten Murmeln verleiten: "Tschaikowski war doch schwul." Das ist ein Zitat von einem Kollegen und soll keinerlei Diskriminierung beinhalten. Es gibt wohl bis zum Jahr 2015 keine Aufnahme, in der ein Cellist die Oktaven in den letzten Takten der letzten Variation absolut sauber spielt, auch Rostropowitsch in unserer Aufnahme nicht. Hierzu ist die Anmerkung nötig, dass Rostropowitsch in seiner 1968er Aufnahme des Dvořák h-Moll Konzertes (mit Karajan und den Wienern) den chromatischen Oktavaufgang am Schluss der Durchführung des 1. Satzes absolut sauber spielt - so sauber wie sonst niemand, und das legato. Das ist wie ein Hochseiltanz, das macht ihm so schnell niemand nach. Damit ist belegt, dass die Rokoko-Variationen zwar zur schönsten, aber auch zur schwersten Cellomusik gehören.


Andreas Thiemig, Cellist, Kaufbeuren (Allgäu) bei München
Tel 0172/ 8224723 oder 08341/ 9343483
nächstes Konzert Friedberger Kammerorchester Sonntag 24.02.19

Freitag, 16. Oktober 2015

Bach Cellosuiten

Cellosuiten von Bach: Quintessenz der Cellomusik?

Auf Wikipedia zitiert der Autor zu den Cellosuiten von Johann Sebastian Bach den Meister Pau Casals: Sie seien die "Quintessenz von Bachs Gesamtwerk". Das mag man so stehen lassen, es spricht von großer Begeisterung. Übersetzen könnte man auch, die Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian seien die Quintessenz der Cellomusik. Tatsächlich verbringen erwachsene Cellisten jeden Tag mindestens mit einer der Suiten, besser mit mehreren von ihnen (wenn die Zeit zum Üben reicht). Schließlich steckt musikalisch alles drin, was zur Barockmusik und darüber hinaus gehört. Technisch betrachtet ist es recht schwierige Cellomusik, die sechste Suite - auf dem modernen Cello mit vier Saiten gespielt - ist so schwer wie ein großes Konzert von Haydn.

Cellomusik Repertoire: Einordnung der Bach-Suiten


Die Cello Solosuiten von Bach gehören nach Möglichkeit vollständig in das Repertoire eines Cellisten. Es gibt nur sehr wenige berühmte Stücke, die ein Cellist auf Anfrage immer und jederzeit vorspielen muss, die Bach-Suiten stehen auf dieser Liste ganz oben. Natürlich gibt es im Gesamtwerk von Bach berühmtere Stücke, etwa das Bach Air. Wer irgendwo mit dem Cello herumsitzt, muss gewärtig sein, dass ein freundlicher Mensch an ihn herantritt und spricht: "Könnten Sie das Präludium der 1. Suite von Bach spielen?" Es kann sich auch um das Präludium der 3. oder 5., ebenso um die Sarabande der 6. Suite handeln (die Gavotten der 6. sind noch grandioser, aber weniger bekannt). Im Laufe des Lebens lernt ein Cellist, dass jeder einzelne Satz dieser Suiten ein musikalisches Kleinod erster Güte ist. Gerade unbekannte Sätze haben Hit-Potenzial, so zum Beispiel die Allemande der 5. Suite (vor Publikum vielfach getestet). Fest steht: Wenn Menschen einfach mal so an Cellomusik denken, dann meinen sie meistens die Cello-Solosuiten von Bach.

Warum sind die Suiten so schön - und so schwere Cellomusik?


Der Cellist, der vielleicht auch schon einmal Straßenmusik und dabei täglich die Solosuiten von Bach gespielt hat (eine Saison lang), blickt dankbar zum Meister auf. Dieser hat ihm, dem kleinen, armen Cellisten, zweieinhalb Stunden Musik geschenkt, mit der man tatsächlich Geld auf der Straße verdienen kann. Alle lieben die Suiten, selbst die Kinder bleiben staunend stehen und kramen dann ein paar Münzen ihres Taschengeldes hervor. Doch die Suiten sind schwer, weil sie in jeder Lage des Cellos und in immerhin sechs Tonarten plus Nebentonarten viele, viele Töne und unzählige Mikro-Melodien enthalten, die alle interpretiert sein wollen. Bach hat das verwendet, was die Jazzmusiker seit dem späten 20. Jahrhundert als "Patterns" bezeichnen. Darüber hinaus darf niemand die große Linie vergessen, drittens ist diese Cellomusik hinsichtlich der Intonation und Bogenführung irrsinnig anspruchsvoll. Doch die Musikerausbildung verkennt seit dem frühen 20. Jahrhundert diese Schwierigkeit, weil sich im 19. Jahrhundert das Virtuosentum ausbreitete (Paganini, Sarasate & Co.). Musiker möchten rasend schnelle Läufe in hohen Lagen und einen springenden Bogen über drei bis vier Saiten (Sautillé) vorführen, all das haben die Cellosuiten von Bach nicht zu bieten. Es wäre mit dem Barockbogen gar nicht gegangen. Doch wer die Suiten für Cello solo von Johann Sebastian Bach ernsthaft übt, wird auch der technischen Schwierigkeit dieser Cellomusik großen Respekt zollen.
Andreas Thiemig, Cellist

Standort: Kaufbeuren (Allgäu) bei München

Tel 0172/ 8224723



Donnerstag, 15. Oktober 2015

Cello Barockinstrumente

Cellomusik auf einem Barockinstrument

Cellomusik der Barockzeit wurde für etwas andere Instrumente erfunden:
Allerdings haben sich die Streichinstrumente seit dem Barock fast nicht verändert. Es gibt einige Unterschiede, die der Musiker beachten muss, wenn er explizit ein Barockinstrument anschafft. Er muss dabei beachten, dass er sein gewöhnliches Repertoire, das schließlich viele romantische und neuzeitliche Stücke enthält, nicht mit dem gewohnten Klang spielen kann, wenn er die Cellomusik auf dem Barockcello spielt. Es passen aber barocke Stücke wie das Bach Air:



Bauliche Unterschiede und Klangwirkung der barocken Cellomusik  


Das Griffbrett besteht beim modernen Cello aus massivem Ebenholz, beim Barockcello aus leichtem Holz wie Fichte oder Ahorn, das mit Ebenholz nur furniert wird. Damit bleiben Barockinstrumente leichter, die Celli wurden damals ohne Stachel gespielt und mussten zwischen den Knien gehalten werden. Der Steg hat eine andere Form, die Saiten bestehen grundsätzlich aus Darm (A und D aus blankem Darm, G und G aus Darm mit einer Kupfer- oder Silberumwicklung). Der barocke Saitenhalter trägt Intarsien, das ist beispielsweise von Stradivari bekannt (1644 - 1737, ein Zeitgenosse von Bach und Vivaldi). Die Cellomusik klingt auf so einem Instrument, zu dem der entsprechende Bogen gehört, nuancenreicher, aber längst nicht so strahlend wie vom modernen Cello.

nächstes Konzert Friedberger Kammerorchester 24.02.19
Andreas Thiemig, Cello

Standort: Kaufbeuren bei München

Tel 0172/ 8224723




Mittwoch, 14. Oktober 2015

Geborgte Cellomusik

Geborgte Cellomusik

Vielfach borgen sich Cellisten ihre Cellomusik bei anderen Instrumenten aus. Die Violine steht dabei auf der Liste ganz oben. Hier einigen Hits, die explizit für die Geige geschrieben wurden und dennoch als Cellomusik eine hervorragende Figur machen:
  • Legende op. 17 von Henryk Wieniawski
  • Die Vier Jahreszeiten von Vivaldi
  • Ballszenen von Helmesberger
  • Paganini Solocaprice Nr. 24 (und natürlich auch die anderen Capricen)
  • Paganini Moto Perpetuo op. 11
  • Sarasate: Zigeunerweisen
  • Sarasate: Carmen-Fantasie 
  • Csárdás von Vittorio Monti
Darüber hinaus eignen sich einigen universelle Klassiker wie das Air von Bach und selbst die Kleine Nachtmusik von Mozart wie hier:
als Cellomusik. Auch Adaptionen sind möglich wie hier bei der vorletzten von Tschaikowskis Rokokovariationen:




Cellomusik mit Aha-Effekt

Die meisten Cellostücke kennt kein Mensch beim Namen (auch die meisten wundervollen Violin-, Klavier-, Oboen-, Trompeten- und etc.alleInstrumente-Konzerte nicht). Es gibt aber Stücke, die im Konzert einen unglaublichen Effekt erzielen, weil sie hitverdächtig sind. http://kultur-am-wochenende-kaufbeuren.blogspot.de/ Solche Stücke gibt es freilich nicht nur in der Cellomusik. Wer einmal aus Freude das gesamte Bach-Werk durchhört, wird einige Kantaten in den Passionen entdecken, die einem die Haare zu Berge stehen lassen, so schön sind sie. Cellisten, die auf so einen Effekt setzen, können aus dem Original-Repertoire für das Cello beispielsweise das Kol Nidrei von Max Bruch auswählen, das Chant du Menestrel von Glasunow, die E-Dur-Sonate von Francoer, den dritten Satz aus dem Haydn D-Dur Konzert und den zweiten Satz aus Haydn C-Dur. Die bekannte Cellomusik wie der Schwan von Saint-Saëns hingegen reißt die Leute gar nicht so sehr vom Hocker.


Andreas Thiemig, Cello
Standort: Kaufbeuren bei München
Tel 0172/ 8224723


Dienstag, 13. Oktober 2015

Cellomusik Umfang

Der Gesamtumfang der Cellomusik


Jüngere Cellisten müssen sich während des Studiums fragen, wie viel Repertoire eigentlich von ihnen erwartet wird. Durchschnittliche Solisten beherrschen rund 40 bis 50 Stunden Cellomusik auswendig. Das wäre in etwa dieses Repertoire. Nach oben gibt es keine Grenzen. Wer Spaß und Zeit zum Üben hat, kann es auch auf vielleicht 60 bis 80 Stunden bringen, doch allmählich gehen dann dem Cellisten die brauchbaren Stücke aus. Das betrifft jedenfalls die original für dieses Instrument geschriebene Literatur. Viele Cellisten üben daher Stücke aus dem Violin-Repertoire, einfach weil diese wunderschön sind. Manche kleinen Konzerte wie das c-Moll-Konzert von Johann Christian Bach - hier der 2. Satz - werden von den Bratschern und den Cellisten etwa gleich häufig gespielt, obgleich der jüngste Bach-Sohn es wohl den Bratschern zugedacht hatte. Rostropowitsch übte die kompletten Paganini-Capricen für Violine Solo, um seine Technik etwas aufzupeppen. Das funktioniert. Wer sich heranwagt, fängt bestimmt mit der Nr 24 an, die auch als Cellomusik blendend klingt.

http://kultur-am-wochenende-kaufbeuren.blogspot.de/

Muss ich die gesamte Cellomusik können?

Keinesfalls. Die großen Konzerte von Dvořák, Haydn, Saint-Saëns, Lalo, Boccherini, Schumann, Tschaikowski und Schostakowitsch, ebenso sämtliche Bach-Suiten, die Beethoven-Sonaten und vielleicht auch eine Brahms-Sonate, ein paar Vivaldi-Konzerte und Schmunzetten wie das Kol Nidrei von Max Bruch werden von jedem Cellisten erwartet. Es kommt allerdings selten der Tag, an dem jemand sagt: “Würdest du, Cellist, mir bitte mal den 3. Satz aus Haydn C-Dur vorspielen?” Eigentlich kommt dieser Tag nie. Bei den Bach-Suiten ist das etwas anderes, dort treten schon interessierte Laien und natürlich auch andere Cellisten auf den Plan und sprechen: “Kannst du die 3. (6.) Bachsuite?” Das Präludium der 1. ist sowieso Pflicht, das wird ja in jeder dritten amerikanischen Serie irgendwann zitiert. Leider ist Cellomusik der Öffentlichkeit etwas zu wenig bekannt, die großen Hits wie das Kol Nidrei schlummern eher im Verborgenen. Daher spielen Cellisten gern einige der großen Hits wie das Bach Air:



nächstes Konzert am 24.02.19 Schloss Friedberg



Andreas Thiemig, Cello
Standort: Kaufbeuren bei München
Tel 0172/ 8224723




Freitag, 2. Oktober 2015

Vivaldi Cellomusik

Cellomusik von Vivaldi & Co.



Wenn Musiker heute Konzerte in Kirchen geben, spielen sie sehr gern Barockmusik, die in europäische Kirchen mit ihrer Geschichte hervorragend passt. Bei Cellisten steht Bach ganz weit oben auf der Liste, so zum Beispiel sein Air: 




 dann folgt schon Antonio Vivaldi (1678 - 1741). Dieser Meister der Barock, unsterblich durch seine “Vier Jahreszeiten”, hat das Cello so wundervoll bedacht, dass wir ihm von Herzen danken müssen. Er liebte und bevorzugte es. 230 Konzerte schrieb Vivaldi für eine Solovioline plus Ensemble, danach folgt in seiner Statistik das Fagott und an dritter Stelle mit 27 Konzerten das Cello. Vivaldi spielte Cello und unterrichtete es wahrscheinlich in Venedig am Ospedale della Pietà. Diese Konzerte bestechen durch Originalität, unglaublichen Melodienreichtum und traumwandlerisches Stilgefühl. Das a-Moll Konzert RV422

üben junge Cellisten im vierten bis fünften Unterrichtsjahr (etwas langsamer als auf dieser Aufnahme), dann legen sie es als “kleines” Konzert weg. Nach Jahrzehnten können sie es fast noch vollständig auswendig, was an Vivaldis unglaublicher Musikalität liegt. Diese kam natürlich auch seiner Cellomusik zugute.


Wieso ist die Cellomusik von Vivaldi so erstaunlich?

Das liegt an der Historie des Instruments, denn erst um 1700 herum entstand in etwa die Form, die wir heute noch kennen. Es handelte sich also um die cellistische “Gründerzeit”, in der Vivaldi so furiose wie poetische Konzerte für das Instrument schrieb. Sein Zeitgenosse Johann Joachim Quantz warnte gar von dem Instrument und verwies auf die Notwendigkeit langer Finger und starker Nerven. Antonio Caldara schließlich, ein venezianischer Zeitgenosse Vivaldis, schuf ebenfalls 17 wundervolle Barocksonaten und ein Konzert für das Instrument, das diesem Johann Sebastian Bach schuldig blieb, trotz seiner großartigen Suiten. Diese wiederum gelten als wundervollste barocke Cellomusik.


nächstes Konzerte Friedberger Kammerorchester 24.02.19 Schloss Friedberg
Andreas Thiemig, Cellist / Standort: Kaufbeuren bei München


Tel 0172/ 8224723



Mittwoch, 30. September 2015

Cello lernen welches Alter?

Bis zu welchem Alter kann man/frau Cello spielen lernen?


"Ich würde gern mit 40 (50) Jahren noch Cello spielen lernen. Geht das?" Das sind Fragen in Foren. Kurze Frage, knappe Antwort: Ja, geht. Der ausgewachsene Cellist hat zwar ganz schön lange gelernt, bevor er auf Tour gehen konnte, aber für so ein wundervolles Instrument ist es nie zu spät. Nur die ganz großen Konzerte dauern wirklich eine Weile, bis sie vortragsreif sind. Eine weitere Frage bezieht sich stets auf das nötige Instrument. "Gibt es ein Cello auch gebraucht?" Ja, mein Lieber. Die meisten Celli sind gebraucht, manchmal schon ein paar Hundert Jahre lang. Das Cello kann heute online bezogen werden, der Kauf lohnt sich ab einer Preislage um 1.500 bis 3.000 Euro. Bei manch einem Geigenbauer lassen sich auch günstige Schnäppchen finden, die angehende Cellisten anspielen könnten, doch das können sie ja noch nicht. Sie wollen schließlich erst einmal Cello lernen. Man kann auch mit einfachen Stücken anfangen wie diesem hier:




Muss man zum Cello spielen lernen Unterricht nehmen?

http://kultur-am-wochenende-kaufbeuren.blogspot.de/

Das ist zu empfehlen. Griffe auf der Gitarre können sich Menschen selbst beibringen, ein Streichinstrument ist aber nicht ganz so leicht anzufassen. Je älter ein Mensch ist, der Cello lernen möchte, umso besser muss die Beziehung zum Lehrer oder der Lehrerin ausfallen. Diese Beziehung ist sehr privat, es findet im Einzelunterricht eine Gefühlsübertragung des eigenen Anspruchs und Wunsches an das Cellospiel auf die lehrende Person statt. Einige gute Musiker sind grottige Lehrer - und umgekehrt. Wer erst einmal Cello spielen lernen möchte und die Grundlagen benötigt, sollte sich im Zweifelsfall für den besseren Lehrer / Psychologen als für den besseren Virtuosen entscheiden - es sei denn, der/die Schüler(in) hat ein wirklich starkes Nervenkostüm. Unter dieser Voraussetzung kann sie/er auch bei einem pädagogischen Anti-Talent (weit verbreitet) Cello spielen lernen.


Andreas Thiemig, Cello / Standort: Kaufbeuren bei München


nächstes Konzert 24.02.19 Friedberger Kammerorchester
Tel 0172/ 8224723